Schwer behandelbare Depressionen bei Erwachsenen können mittlerweile mit der so genannten Vagusnervstimulation (VNS) behandelt werden. Die Krankenkassen übernehmen dabei bei Erfüllung der Voraussetzungen die Kosten. Bei der VNS stimuliert ein implantierter Impulsgenerator über Elektroden kontinuierlich den linken Vagusnerv im Halsbereich. Der Stimulator wird zunächst in einer kurzen Operation unter dem linken Schlüsselbein platziert. Anschließend werden die Stimulationsparameter über Wochen ambulant eingestellt. Nur spezialisierte Zentren wie
das Zentrum für therapieresisten Depressionen des LVR Essen
die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen
die Abt. Psychiatrie, Psychotherapie und Psychsomatik im Evang. Krankenhaus Bergisch-Gladbach
die Abt. Psychiatrie, Verhaltensmedizin und Psychosomatik im Klinikum Chemnitz (unklar, ob invasiv oder nichtinvasive VNS)
bieten diese Behandlungsmethode hierzulande an. Wie das genauer funktioniert, wird in diesem youtube-Video gut erklärt. Mögliche Nebenwirkungen sind etwa Veränderungen der Stimme, Husten, Dyspnoe oder Nackenschmerzen.
Nichtinvasive Vagusnervstimulation
Eine Vagusnvervstimulation ist auch ohne operativen Eingriff möglich. Ob sie genauso wirksam ist, ist noch unklar. Doch gerade für nicht so schwer erkrankte Menschen oder schwer an Depressionen erkrankte Kinder- und Jugendliche stellt sie eine Behandlungsalternative dar – zumal die invasive Vagusnervstimulation bei Kindern und Jugendlichen nicht zugelassen ist.
Bei der sogenannten transkutanen aurikularen Vagusnervstimulation (taVNS) wird eine Elektrode ähnlich wie bei einem Hörgerät ohne operativen Eingriff am Ohr platziert. Sie erzeugt einen schwachen Stromfluss, um einen Ast des Vagusnervs zu stimulieren. Eine Modulation neuronaler Schaltkreise sowie antiinflammatorische Effekte werden als potenzielle Wirkmechanismen diskutiert.
Bei Erwachsenen sei die Methode bereits erprobt – die Nationale Versorgungsleitlinie »Unipolare Depression« stuft sie derzeit (Stand September 2022) aber noch als experimentell ein. Das Verfahren könnte aber möglicherweise auch für pädiatrische Patienten eine sichere Behandlungsalternative darstellen, schreiben die Wissenschaftler.
Der Vagus-Nerv – unserer Erholungs- und Ruhepol
Was ist eigentlich der Vagusnerv? Der Vagusnerv ist ein Teil des autonomen Nervensystems und der längste unserer zwölf Hirnnerven. Als Teil des sogenannten Parasympathikus ist er an der Funktion fast jedes inneren Organs beteiligt. Er ist – vereinfacht gesagt – für Erholung, Ruhe und Verdauung zuständig. Dagegen fördert sein Gegenspieler, der Sympathikus, unsere Leistungs- und Kampfbereitschaft. Da bei den meisten Menschen unserer heutigen Zeit der Sympathikus zu oft aktiviert ist, lohnt es sich auch für gesunde Menschen, ihr parasympathisches System anzuregen. Welche Möglichkeiten jedem dafür zur Verfügung stehen, können Sie hier nachlesen. Singen, Gurgeln, Selbstmassage und Kältereize gehören dazu.
Quellen
LVR Essen: Was ist die Vagusnerv-Stimulation? Youtube-Video vom 12.10.2021