Mit Bewegung leichte bis mittlere Depressionen effektiv behandeln und vorbeugen

Depressionen gehen häufig mit Antriebs- und Interessenlosigkeit, Motivationsmangel und negativen Gefühlen einher. Dass körperliche Bewegung bzw. Sport da helfen kann, ist schon länger bekannt. Jetzt empfielt der Innovationsfond bei leichten bis mittleren Depressionen, Sporttherapie als Kassenleistung zu finanzieren, um reine Psychotherapie zu ergänzen oder sogar zu ersetzen. Grund genug zu fragen: Warum wirkt Bewegung überhaupt antidepressiv?

1. Warum Bewegung antidepressiv wirkt

Das scheint ein Zusammenspiel, an dem mehrere Prozesse beteiligt sind. Eine wichtige Rolle spielt vor allem Laktat (Milchsäure) – ein Protein, das bei Bewegung im Körper produziert wird.

Milchsäure spielt eine wichtige Rolle

Laktat ernährt im Gehirn die Neuronen und sichert damit deren Überleben. Außerdem fördert es die Bildung neuer Neuronen. Bei gestressten Menschen, aber auch Tieren, die an Depressionen leiden, nehmen die Neuronen ab. Genau wie Glukose ist Laktat also eine hervorragende alternative oder sogar präferierte Energiequelle für unser Gehirn.

NADH scheint ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen

Außerdem scheint das Molekül NADH, das bekannt für seine antioxidative Wirkung ist, ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen, weil es wichtige Botenstoffe bildet. Es entsteht bei der Umsetzung von Laktat in Pyruvat, ein Zwischenprodukt verschiedener Stoffwechselwege. NADH schützt die Neurogenese während depressiver Phasen und unterstützt damit die Milchsäure. Dieser Mechanismus könnte erklären, warum Sport und körperliche Bewegung bei Depressionen helfen.

2. Bewegung wirkt zweifach antidepressiv

Doch nicht nur die Symptomen einer Depression werden durch Bewegung vermindert bzw. ihnen vorgebeugt. Gleichzeitig wird auch die Veränderungsbereitschaft des Gehirns positiv beeinflusst. Diese ist Voraussetzung für Anpassungs- und Lernprozesse. Steigt sie, nehmen die Symptome einer Depression ab.

Sicher wirkt auch das Zusammensein in einer Gruppe, wenn es ohne Leistungsdruck passiert und ein soziales Miteinander fördert und Ängste vor Herausforderungen abbaut. Spielerische Elemente sind dabei wichtig und ersetzen „Wettbewerbs- und Prüfungscharakter“.

3. Implementierung der Forschung in Schule wünschenswert

Die Studien belegen wie wichtig Bewegung für uns Menschen im Alltag sind, um mit Stress besser umgehen zu können. Umso wichtiger wäre es nicht nur Menschen, die bereits an Depressionen erkrankt sind, zu mehr Bewegung zu motivieren, sondern bei Kindern in der Prävention entsprechend anzusetzen. Nicht nur die Konzepte im Schulsport sollten dahingehend dringend angepasst werden, sondern Bewegung und Entspannungsübungen generell in den Schulalltag stärker integriert werden als kleine angenehme Pausen zwischen den „Leistungsfächern“.

Quellen

Ruhr-Universität Bochum: Bewegung bringt bei Depressionen das Gehirn auf Trab vom 04.08.2021

Katrin Klaus: Wie sich Sport positiv auf Depressionen auswirkt, Artikel online vom Bayerischen Rundfunk vom 28.05.2021 [Abruf: 17.102023]

Innovationsfond des gemeinsamen Bundesausschusses: Sporttherapie bei leichter und mittelschwerer Depression: Innovationsausschuss empfiehlt Transfer in die Regelversorgung, Pressemitteilung vom 20.09.2023

Zitierte Studien

Carrard, A., Cassé, F., Carron, C. et al. Role of adult hippocampal neurogenesis in the antidepressant actions of lactate in: Mol Psychiatry 26, 6723–6735 (2021). https://doi.org/10.1038/s41380-021-01122-0

Wanja Brüchle, Caroline Schwarzer, Christina Berns, Sebastian Scho, Jessica Schneefeld, Dirk Koester, Thomas Schack, Udo Schneider, Karin Rosenkranz: Physical activity reduces clinical symptoms and restores neuroplasticity in major depression, in: Frontiers in Psychiatry, 2021, DOI: 10.3389/fpsyt.2021.660

Aktualisierung am 14.03.2024
Meta-Ananlyse bestätigt, dass Sport – vor allem aerobes Training antidepressiv wirkt und wirksamer ist als Verhaltenstherapie.

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