Hilfreiche Sätze für Menschen mit Depressionen

Was sage ich Menschen, die an einer Depression leiden und was lieber nicht? Häufig sind selbst erwachsene Angehörige sehr unsicher im Umgang mit Menschen, die an Depressionen erkrankt sind. 

Die folgenden Anregungen basieren auf den Beiträgen von Martin Gommel, der selbst immer wieder episodenhaft schwere Depressionen hat und andere Betroffene zu einer hilfreichen bzw. schwächenden Kommunikation bei Depressionen befragt hat. Er möchte mit diesen Texten Erwachsenen, die an Depressionen erkrankten Menschen helfen wollen, mehr Sicherheit im Umgang mit ihnen geben.

Natürlich passt nicht jeder Satz in jedem Moment. Es geht nicht darum, jemanden Sätze in den Mund zu legen, sondern eine Richtung aufzuzeigen, wie sich gelingende Kommunikation mit Menschen mit akuten Depressionen anhören kann.

Die Hinweise sind eher für Helfende aus dem privaten Bereich gedacht, doch regen sie vielleicht auch Fachkräfte der Jugendhilfe an bzw. können über sie an erwachsene Angehörige weiter vermittelt werden. Wichtig ist: Wenn sie gesagt werden, sollten sie auch so gemeint sein und keine hohlen Floskeln.

Hilfreiche Sätze

Möchtest Du in den Arm genommen werden? Ja ist okay – und nein auch.
= Angebot (keine Verpflichtung!) körperlicher Nähe; Erkrankte fühlt sich angenommen, ohne dafür etwas leisten zu müssen

Es ist okay, nicht okay zu sein.
= Krank zu sein ist in Ordnung.

Es ist okay, dass du grad nicht weiterweißt/kaum Antrieb hast etc.
Durch diese annehmende Haltung, die den anderen nicht in eine Rechtfertigung oder Erklärung drängen, wird ihm der Druck genommen, funktionieren und um Anerkennung seines Leidens zu kämpfen.

Ich werde mit Dir da durchgehen. ODER Wir gehen da gemeinsam durch. ODER Ich bin für dich da.
= wirkt der Angst entgegen, dass sich andere von einem zurückziehen

Weißt du, was ich heute mit dir unternehmen möchte? Gar nichts. Du bist genug.
Nimmt dem Erkrankten den Druck, andere unterhalten zu müssen und beugt schlechtem Gewissen vor.

Du bist krank, nicht schwach.
Unterstützt Erkrankte ihren Zustand als persönliches Versagen anzusehen oder sich die Schuld an dieser Situation zu geben.

Ich weiß nicht, was Du gerade fühlst. Magst Du es mir beschreiben?
Damit gibt jemand offen zu, nicht zu wissen, was der andere Mensch gerade fühlt. Er gibt ihm dadurch die Chance, selbst zu versuchen, sein Innenleben zu beschreiben. Es signalisiert dem anderen, dass die Person bereit ist, eigene Annahmen über Bord zu werfen und sich auf ihn einzulassen. Auf diese Weise zeigst du dem anderen, dass du ihn verstehen willst und nicht schon meinst zu wissen, wie es ihm geht.

Ich kann zwar nicht nachempfinden, wie es dir mit deiner Krankheit geht, aber ich sehe, dass du leidest und das tut mir sehr weh und sehr leid für dich.
Auch wenn andere Menschen nicht wirklich nachempfinden können, wie sich Depressionen anfühlen, können sie auf diese Weise dem erkrankten Menschen trotzdem Verständnis signalisieren.

Nicht du bist scheiße, nicht dein Leben ist scheiße, sondern die Gefühle, die die Depression bei dir machen.
Anderen anregen, zwischen seinen Gefühlen, seinem Leben und seiner Person zu unterscheiden.

Ja, was du gerade mit deiner Erkrankung durchmachst, ist wirklich schlimm; das glaube ich dir.
Menschen mit Depressionen fühlen sich oft, als ob sie nicht in der gleichen Welt wie die anderen leben und sie wissen, dass das für anderen kaum nachvollziehbar ist. Eine akzeptierende Haltung anderer hilft ihnen, sich ernst genommen und etwas weniger „ausgeschlossen“ zu fühlen.

Du fällst mir nicht zur Last. Denn ich sorge auch gut für mich.
Viele Menschen mit Depressionen haben mit Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen anderen gegenüber zu kämpfen. Sie fühlen sich als Bürde und Last für andere. Mit dieser Aussage – sie sollte allerdings auch tatsächlich gelebt werden – signalisiert der andere, dass er in der Lage ist, den anderen auszuhalten, weil er nämlich auch ausreichend für sich sorgt.

Ich brauche dich.
Diese Aussage steuert etwas der gefühlten Bedeutungslosigkeit und Sinnlosigkeit von an Depressionen erkrankten Menschen entgegen.

Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst, um gesund zu werden.
Depressionen brauchen oft viele Wochen, manchmal Monate, bis sie abklingen. An ihr erkrankte Menschen werden manchmal selbst ungeduldig. Um ihnen diesen gefühlten Druck des schnellen Gesundwerdens zu nehmen, sind Sätze wie dieser hilfreich.

Komm, ich mach uns einen Kaffee. Was möchtest du rein haben?
Eine zupackende Art können guttun.

Auf welche Sätze Helfende lieber verzichten sollten

Wenn wir verstehen wollen, was Menschen in einer akuten Depression hilft, dann sollten wir auch verstehen, was ihnen zusetzt und sie verletzt und die mitunter sogar zerstörerisch sind:

Denk einfach positiv/er. ODER Du musst einfach deine negativen Gedanken aus dem Kopf bekommen. Wäre es so „einfach“, hätte ein an Depressionen erkrankter Mensch es schon längst gemacht.

Stell dich nicht so an. Das ist doch nicht so schlimm. ODER Reiß dich zusammen.

Speziell für Mütter mit postpartalen Depressionen wurden folgende Sätze zusammen getragen:11
Jetzt stress dich doch nicht so.
Unternimm halt mal was Schönes.

Das ist halt eine anstrengende Zeit.
Nimm doch alles nicht so schwer.
Du hast doch alles, was du wolltest.
Du musst dich auf die positiven Dinge fokussieren.

Sätze wie diese können zeigen, dass derjenige nicht wirklich verstanden hat, was eine Depression ist: Es geht nicht um nicht wollen, sondern um nicht können. Sie können aber auch zeigen wie überfordert derjenige ist, der sie sagt.

Quellen

Martin Gommel: Worte, die mir guttun, wenn ich depressive bin, Krautreporter vom 18.01.2021

Martin Gommel: Worte, auf die ich verzichten kann, wenn ich depressiv bin, in: Krautreporter vom 04.03.2021

Carlotta Frey: Die Flop-5-Sätze von Angehörigen, Post auf Linkedin vom 14.02.2022

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