Es gibt Hinweise, dass Botulinumtoxin („Botox“) sowohl Depressionen mindern als auch bei der Behandlung einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung Typ Borderline hilfreich sein könnte. Die genauen Wirkmechanismen sind aber noch nicht abschließend erforscht und die Wirksamkeit in der Wissenschaft umstritten. Daher wird „Botox“ auch noch nicht von der Krankenkasse für diese Erkrankungen als Medikament bezahlt.
Botulinumtoxin, das aus einem Toxin hergestellt wird und das das Bakterium Clostridium botulinum produziert scheint unsere Stimmung verändern zu können – zumindest deuten das Untersuchungen an. In einer Studie, die in der Zeitschrift Scientific Reports veröffentlicht wurde, deuten die Forschungsergebnisse darauf hin, dass Botox-Injektionen in verschiedene Körperteile Depressionen lindern könnten.
In Deutschland brachte eine Studie der Medizinischen Hochschule Hannover im Jahre 2012 erstaunliche Ergebnisse: Die Probandengruppe bestand aus 30 an einer Depression erkrankten Patienten. Die Erkrankten litten teilweise an einer chronischen Depression – keine gängige Therapie hatte bei ihnen zum Erfolg geführt. Der Hälfte der Teilnehmer wurde Botulinumtoxin in die Glabellaregion injiziert, die andere Hälfte erhielt als Placebowirkstoff Kochsalzlösung. Die Glabellaregion befindet sich zwischen den Augenbrauen. Sie weist bei der Mehrzahl der Depressiven vertikale Falten auf, die umgangssprachlich auch als Zornesfalten bezeichnet werden. Rund 60 % der Patienten, die Botox erhalten hatten, berichteten über eine deutliche Besserung der Symptome. In der Placebogruppe waren es dagegen nur 13 %. Zum Erstaunen der Mediziner hielt diese Wirkung bei der Botoxgruppe teilweise noch an, als sich der Wirkstoff nach einigen Monaten abgebaut hatte.
In einer experimentellen Studie, die Axel Wollmer, Chefarzt an der Asklepiosklinik für Gerontopsychiatrie in Hamburg mit gesunden Probanden durchführte, zeigte sich außerdem, dass Botoxinjektionen die Aktivität der Amygdala senken. Diese Gehirnregion ist für die Verarbeitung von negativ besetzten Emotionen zuständig. Botox scheint demzufolge die Entstehung negativer Emotionen zu hemmen. Das würde erklären, warum es sowohl bei Depressionen als auch bei einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung hilfreich ist.
Das Fazit der Psychiater aus Deutschland: Botulinumtoxin ist in der Wirkung vergleichbar mit Psychopharmaka und kann definitiv depressive Symptome verringern. Allerdings kann die Injizierung des Wirkstoffs Botulinumtoxin A keine alleinige Depressionstherapie sein. Dazu ist eine Depression eine zu komplexe Erkrankung, deren Ursachen noch nicht abschließend geklärt sind.
Allerdings gibt es auch viele kritische Stimmen – selbst zur Metanalyse der Studien. Eine gute Zusammenfassung vom Juli 2021 finden Sie hier.
Quellen
https://www.refinery29.com/de-de/botox-depressionen-behandlung-forschung
http://www.neurologie-mettmann.de/Botox.html